Mittwoch, 10. Dezember 2014

Der "unbeschriebene" Hund

Hallo und guten Abend euch allen,

bevor ich euch erzähle was meine Rentnergang so anstellt, will ich erstmal ein paar Gedanken teilen, die sicherlich auch irgendwie dazu passen.

Grade sah ich ein paar Bilder vom Verein Stray Dogs Bosnien e.V., die 3 kleine Knöpfchen zeigen, die an einem Friedhof ohne Mutter herum dümpelten.
3 kleine Knöpfchen, die optisch kaum unterschiedlicher sein könnten.

Und da gehen einem dann so Gedanken durch den Kopf, wenn man sieht wie unbedarft und "unechrieben" diese "3 Blatt Papier" sind. Fröhlich erkunden sie sofort die Umgebung, nehmen das Körbchen für sich ein, balgen und kugeln herum, als gäbe es keine Sorgen auf der Welt.

3 "unbschriebene Blatt Papier", mit denen ihre künftige Menschen die Chance haben viele Kapitel mit ihnen zu schreiben.

Und dann kommen da diese Gedanken... auch Nelly war mal so ein unbeschriebenes Blatt. Und falscher Umgang und meine Unerfahrenheit haben einige Kapitel sehr hässlich werden lassen.
Und doch schrieb sie all ihre Kapitel mit mir zusammen - und ich meine mit ihr.
Würde man ihr Leben aufschreiben, es würde ein Buch werden - wie bei jedem Hund in ihrem Alter.
Aber bei Nelly weiss ich, dass sie ab ihrem 6. Lebensmonat geliebt und umsorgt wurde. Okay, die erste Zeit nicht nach dem Standart, den ich heute mit ihr lebe, aber ich gab mein Bestes. Ob das zählt?

Anna hingegen schrieb ihr Buch bislang ohne uns. Und die vielen Kapitel haben Spuren hinterlassen.
Abgegriffene Seiten und endlose Kapitel sieht man in ihren Augen.
Diese Augen, die einen wach und kugelrund anblicken, neugierig, gespannt was der nächste Moment bringen mag. So lebenshungrig und lustig, niemals ernst oder traurig.

Ich glaube, dass Anna auf Fuerteventura eine Familie hatte. Und ja, ich glaube auch, dass sie grösstenteils ein schönes Leben hatte. Sie kann einiges, was ein "reiner Strassenhund" sicherlich nie gelernt hat. Sie kennt es mit dem Ball zu spielen und ihn zurück zu bringen. Sie geht gut an der Leine, obwohl sie das auch in ihrer Pflegestelle gelernt haben könnte.
Auto fahren kannte sie sicherlich nicht, bevor sie nach Deutschland kam.

Sicherlich wurde sie irgendwann geliebt, ich hoffe einfach, dass ihre ehemalige Familie sie den Grossteil ihres Lebens geliebt hat.

Und doch wurde sie auf die Strasse gesetzt. Was für einen Abschiedsschmerz muss sie durchlaufen haben, bis sie sich mit dem Schicksal "Strassenhund" abfand?
Anna bindet sich schnell, weil sie schnell Vertrauen schöpft, sie folgt mir auf Schritt und Tritt, draussen wie drinnen und möchte immer in meiner Nähe sein.

Sie ist vollkommen unkompliziert und unaufdringlich, eher wie ein Schatten, der einen verfolgt. Ein überaus liebenswerter Schatten.

Bei ihr braucht man sich keine Gedanken machen die Schleppleine schleifen zu lassen. Wenn sie den Anschluss verliert, dann weil sie irgendwo lange schnüffeln war. Durch ihre Taubheit muss man darauf natürlich ein besonderes Augenmerk legen. Da sie sowieso immer hinter mir läuft, habe ich ihr eine Bärenglocke besorgt, die sie bei "Schleppleinen-Gassi" ans Geschirr bekommt. So weiss ich immer wo sie grade ist, ohne mich alle 10 Sekunden wie eine Gesteskranke umdrehen zu müssen. ;)
Das funktioniert super, aber ich muss erst noch Strecken finden, die wir so gehen können. Denn mit dem Thema "Leinenzwang" habe ich mich nie beschäftigt... Nelly läuft ja niemals frei.
Also muss ich mir meine Stellen suchen, an denen ich das sowohl darf, als auch kein Verkehr herrscht, was natürlich auch bedeutet, dass Feldwege grösstenteils rausfallen.

Aber wir finden schon unsere Plätzchen, an denen der Zwerg herumtingeln kann wie sie mag.

Ansonsten mussten wir eine ganze Reihe Untersuchungen machen, weil die Diagnose vom vorherigen behandelnden Tierarzt nicht eindeutig war. Das ging ganzschön ins Geld und war auch mit etwas Ärger verbunden.

Nun weiss ich aber was meine Maus alles hat... naja fast, das grosse Blutbild steht noch aus bzw. dessen Ergebnisse.

Anna hatte sich selbst zuerst aufs Barfen umgestellt, aber wir mussten zurück zur Dose rudern, weil sie irgendwann aufhörte zu fressen. Egal was.
Mit den Dosen von GranataPet frisst sie nun jeden Tag. Nicht immer alles, aber den Grossteil ihrer Portion doch auf jeden Fall. Eine grosse Erleichterung. Mit diesen Dosen frisst sie sogar Gemüse, wo sie mich ansonsten angeekelt anguckt und drumherum frisst.
Ich vermute, dass das mit dem katastrophalen Zustand ihrer Zähne zusammen hängt. Theoretisch ist eine Zahnsanierung längst überfällig, aber mangels Narkosefähigkeit kann sie diese nicht bekommen.

Wir arbeiten nun mit einem Gel, das ich ihr zwei Mal täglich drauf schmieren muss, die arme Maus wird ganzschön durch die Mangel gedreht.
5 Tabletten morgen, 4 abends und dazu noch das Gel. Dass sie immernoch so geduldig ist, ist schon fast ein Wunder.

Letztens haben meine Schwester, Nichte und Neffe sie kennen gelernt und im Wald durfte meine Nichte dann Anna ganz alleine führen. Anna hat kaum genug Kraft, um die Lütte umzuwerfen und sowieso ist sie ja mehr gemütlich unterwegs.
Nachdem ich meiner Nichte ein paar Mal gesagt habe, dass sie nicht an der Leine ziehen darf und selbige auch länger machen soll als 20 cm, klappte das mit den beiden wirklich super. Stella und Anna sind ein tolles Team und Stella liebt Anna schon sehr, das hat man deutlich gesehen.
Ist auch was ganz besonderes, denn sie darf sonst kenen Hund alleine führen. Nelly würde sie mit sich reissen und auch der Rüde der Schwieger-Eltern meiner Schwester ist viel zu kräftig, wenn der normal los läuft, ist die Lütte ein Fähnchen im Wind.
Aber mit Anna geht das und das ist für die lütte natürlich was ganz besonderes.

Immer wenn Nelly und Anna in einem Raum waren, hat sie Nelly erklärt "Guck mal Nelly, da ist deine Schwester." Einfach nur süß!

Anna hat sich perfekt bei uns eingelebt und lernt unsere Regeln sehr schnell. Sie hält sich nicht immer dran, aber prinzipiell weiss sie, was von ihr verlangt wird. ;)

So jetzt müssen wir nochmal raus und dann ist Kinderbettzeit.

Alles Liebe
Mona mt der Rentner-Gang

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