Samstag, 6. April 2013

Was man von seinem Hund erwartet

Hallöchen ihr da draussen,

gestern abend war mir mal wieder klar wie unterschiedlich die Erwartungen an seinen Hund sein können und auch was man überhaupt von ihm erwarten kann.
Viele verurteilen Hunde als unerzogen, weil der jeweilige Hund den eigenen Ansprüchen nicht genügt.

Erwartungen können gut sein, aber auch schlecht und davon möchte ich heute erzählen.

Als ich Nelly bekam, kam ich in eine Hundeschule, dessen Motto die Dominanz-Theorie war. Der Hund will immer die Weltherrschaft an sich reissen, diesen Willen muss man mit allen Mitteln unterdrücken, damit man weiterhin der Herr und Meister bleibt.
Der Hund hat nicht als erster durch die Tür zu gehen, nicht im Bett zu schlafen, nur dann zu atmen, wenn ich als Halter es erlaube.

Die Mittel, um diese Ziele umzusetzen waren Psychoterror, ständiger Druck auf Hund und Halter und körperliche Maßregelung.
Das sehe ich heute so, damals war ich davon überzeugt, dass Weltherrschafts-Gedanken und co. real waren, denn Nelly war ja sowas von dominant und abgebrüht.

Die Erwartungen damals: Mach alles was ich dir sage und mache es sofort. Atme nur, wenn ich es dir erlaube, denn ich bin dein Herr und Meister. Eigene Interessen werden im Keim erstickt, eine eigene Meinung steht dir nicht zu. Alles gehört mir, dir gehört gar nichts, sondern du kannst froh sein, wenn du meine Sachen benutzen darfst. Du lebst, um mir zu dienen.

Das ist jetzt mal leicht überspitzt, aber doch recht treffend zusammen gefasst wie ich damals mit Nelly umging.

Dass ich ewig nicht mit meinem Hund zurecht kam ist unter diesen Voraussetzungen wohl kein Wunder. Ich demonstrierte ihr ja schliesslich immer wieder sehr deutlich, dass sie von mir nichts Gutes zu erwarten hatte.
Leinenruck, Psychoterror und sogar den so fatalen Alphawurf tat ich ihr an. Nach letzterem merkte man eine deutliche Veränderung, denn das hat ihr letztes Fünkchen Vertrauen in mich restlos zerstört. Auch das weiss ich heute, damals war es mir nicht klar.

Aber ich lernte auch viel Gutes in dieser Hundeschule, zum Beispiel die Körpersprache von interagierenden Hunden zu lesen und zu deuten. Das habe ich wie ein Schwamm aufgesogen und das kommt mir heute sehr zu gute. Auch das richtige Timing habe ich dort gelernt und dass man nicht nur verbietet, sondern für richtiges Verhalten auch loben soll.
Also diese Hundeschule war nicht vollends Mist, aber vieles war einfach schlecht für uns.

Die Erwartungen in Nelly waren also für sie gar nicht wirklich erreichbar, vor allem nicht mit den Mitteln und Konsequenzen, mit denen ich arbeitete.
Dank einer lieben Freundin und dem Schliessen dieser Hundeschule, fand ich meinen Grips irgendwann wieder und überdachte alles in Bezug auf Nelly´s Erziehung.

Meine Erwartungen heute unterscheiden sich massiv von den Erwartungen damals:
Benimm dich nett, überspann den Bogen nicht innerhalb der Grenzen, die ich dir setze, entferne dich nicht zu weit von mir und wenn es doch mal vorkommt, dann komm zurück, wenn ich dich rufe.

Diese Erwartungen kann sie erfüllen und tut es auch.

Ich sehe aber im Freundeskreis, dass die Erwartungen an den eigenen Hund vollkommen unterschiedlich sein können und auch das, was man von einem Hund erwarten kann. Jeder Hund ist anders und so müssen auch die Erwartugnen an jeden Hund anders sein.

Nelly´s Beagle-Freund Casper zum Beispiel ist auf dem Freilauf mehr so der "bin ma wech"-Typ. Meine Freundin hat an ihn nicht die Erwartung, dass er wie Nelly ständig bei ihr rumhängt. Weil sie diese Erwartung eben auch nicht haben kann.
Ich bin nicht unbedingt der Freund von "die Rasse ist so", "die Rasse ist so" und "alle Hunde einer Rasse sind gleich". Tatsächlich aber habe ich festgestellt, dass es bei einigen Punkten doch stimmt. Und beim Beagle ist es die Unabhängigkeit und Stöberlust.

Nelly z.B. hat Jagdtrieb und Lustigkeit vom Cocker abgegriffen, aber Schutztrieb und Intelligenz vom Altdeutschen Hüter. Beide Rassen sind in ihr klar erkennbar und abgegrenzt.

Mich würde es wahnsinnig machen, wenn mein Hund die ganze Zeit ausser Reich- und Sichtweite sein eigenes Ding durchzieht. Ein bisschen Kontrollfreak ist aus alten Zeiten ja doch übrig geblieben.
Aber deshalb ist Casper nicht unerzogen, sondern Erwartung und die Erwartugnen, die an den Hund möglich sind, sind einfach anders, als bei Nelly.

Die Hündin einer andere Freundin bellt viel, wenn ihr was nicht passt. Lustig ist wirklich, dass man ohne den Hund zu sehen, sofort hören kann was los ist. ;)
Auch hier würde mich das ständige Bellen sehr stören, aber das ist einfach die Art dieses Hundes sich auszudrücken und auch sie ist nicht unerzogen.

Die Morla von der Geschichte:

Man soll sich Ziele mit seinem Hund stecken, aber diese Ziele müssen auch für beide erreichbar sein.
Vergleicht euren Hund nicht mit anderen Hunden, andere Hunde sind einfach anders, haben ein anderes Wesen, eine andere Vorgeschichte, ganz andere Voraussetzungen.
Arbeitet mit eurem Hund ohne Druck, dafür freundschaftlich an den Zielen, er hat Lust zu lernen, mit euch zu lernen.

Diese einfachen Worte haben mir geholfen, heute mit Nelly ein harmonisches Team zu bilden. Es hat viele Jahre gedauert, ihr zu beweisen, dass ich mich geändert habe und bis sie sich wirklich auf mich eingelassen hat. Mit den falschen Mitteln kommt man nicht zum Ziel und macht zwischen sich und dem Hund so viel kaputt.
Aber setzt man realistische Ziele mit einer freundlichen Umsetzung, sind diese Ziele auch erreichbar. Überfordert nur nicht euren Hund und euch, das bringt nichts. Greift nicht nach den Sternen, wenn ein Bröckchen Mond neben euch liegt.

Alles Liebe
Nelly & Mona

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