Samstag, 20. April 2013

Das Leben mit einem Hund, der nicht alleine bleiben kann

Hallo liebe Hundefreunde,

gestern wieder ist mir aufgefallen wie viel Organisation es bedarf, wenn der Hund nicht alleine bleiben kann.
Ich möchte euch heute ein wenig davon erzählen.

Als ich Nelly bekam hiess es, dass sie ohne weiteres alleine bleiben kann. Dass es einen Unterschied machte, ob sie mit den anderen 500 Hunden der ehemaligen Pflegestelle alleine war oder VÖLLIG alleine, das sollte ich schnell merken.

Nelly konnte nicht alleine sein, also baute ich es so auf wie man das bei einem Welpen tun soll. Jacke an, Jacke aus, Tür auf, Tür zu, Tür auf, raus gehen, Tür zu, gleich weider rein kommen - und so weiter und so fort.

Doch Nelly lernte es nicht.

Ich holte mir Tipps, der nächste Tipp war ihr eine Box aufzustellen mit Dekce drüber, ohne Decke drüber, es machte keinen Unterschied.

Irgendwann holte ich mir den ersten Trainer ins Haus, um das Problem zu lösen. Mit einem Hund, der nicht alleine sein konnte, das kann ja gar nicht funktionieren!

Der erste Trainer war vom Schlag "Dominanz-Theorie". Diagnose: Kontrollverlust über Frauchen, deshalb schrie Nelly wie am Spiess, wenn man sie alleine liess.
Lösung: Druck, Zwang, Psychoterror.

Ich setzte alles um, aber oh Wunder... es wurde nicht besser.

Ich versuchte sie schreien zu lassen, was mir 6 Stunden warten einbrachte. Warten auf den Moment, wo sie EIN MAL still ist und ich wieder kommen kann.
Ich hatte sie bei meinen Eltern im Haus gelassen, da ich in einer Mietwohnung wohne und wusste, dass das ein wenig dauern könnte. Das Einfamilienhaus meiner Eltern schien mir die bessere Lösung und da kannte sie sich auch aus.

Ich setzte sie in einen Raum und ging, fuhr mit dem Auto weg und schlich über die Gärten der Nachbarn zurück zum Haus. Das konnte sie gar nicht gehört haben, weil da 3 Räume dazwischen waren. Sie schrie und schrie und schrie. Ich merkte schnell, dass das über eine so lange Zeit gar nicht die erste Diagnose sein konnte, denn man hörte ihr ihre Verzweiflung gradezu an, es zerriss mir das Herz wie ich da auf der Treppe saß und mein Hund aus vollem Hals schrie... stundenlang.

Irgendwann holte sie Luft, ich wollte abwarten, ob sie länger ruhig ist, doch es ging sofort weiter. Das war nach etwa 4 Stunden. Ich verpasste den Augenblick, um wieder zu kommen. Also hiess es weiter warten.

Nach 6 Stunden der zweite Moment, ich stürmte rein, dummerweise schrie sie schon weiter, als ich bei ihr angekommen war. Ich löste die Situation also auf und holte mir den nächsten Trainer ran.

Diagnose: Verlassensangst.

Das passte auch viel besser zu dem stundenlangen Schreien, der Verzweiflung in ihrer Stimme.

Wieder sollte ich versuchen es wie bei einem Welpen aufzubauen, aber es half wieder nichts. Dann wurde mir zu einem Sprühhalsband geraten und leider wandte ich es an. Nelly bekam schnell raus, dass es bei Bellen auslöst, bei Heulen aber nicht und so heulte sie, statt zu bellen.
Sprühhalsbänder finde ich grundsätzlich den falschen Weg, denn damit bekämpft man nur die Symptome. Egal aus welcher Motivation heraus der Hund es macht: Er bellt dann zwar nicht mehr, aber das Problem ist immer noch da.
Meine ganze Wohnung und viel schlimmer mein Hund stanken tagelang nach diesem Zitronenkram.

Nach etwa 2 Jahren, die ich zwangshaft an dem Problem herum gedoktort habe mit und ohne Trainer, gab ich es auf.
Auch die zweite Trainerin hatte nicht mehr in Petto, als "Aufbau wie beim Welpen" und Spray-Halsband.

Ich kann mittlerweile ohne Nelly den Müll raus bringen oder was vom Auto holen. Auch Hausflur und Keller sauber machen schafft sie in der Regel. Dann gibt es wieder Tage, an denen gar nichts von alledem geht, es ist sehr wechselhaft.

Mit anderen Hunden kann sie je nach Hund eine gewisse Zeit alleine bleiben.
Mit den Hunden einer ehemaligen Sitterin ging das problemlos, das wurde in Absprache ausprobiert. So konnte die Sitterin sie mit ihrem Rudel alleine lassen, wenn sie einkaufen fuhr, was für Sommer oder Winter natürlich besonders wichtig war.
Mit den Hunden einer ehemaligen Freundin konnte sie nicht alleine bleiben.

Meine Vermutung ist, dass sie nur mit ruhigen, souveränen Hunden alleine bleiben kann, zumindest eine relativ kurze Zeitspanne. Hunde, die im Rang über ihr stehen, auf die sie sich verlassen kann.

Mit unruhigen, unsouveränen oder generell unsicheren Hunden, die auch unter ihr stehen im Rang, geht es nicht. Das haben die beiden Hunde der benannten Freundin bewiesen, mit denen wir es einzeln und zusammen ausprobiert haben.

Es erfordert ein Höchstmaß an organisatorischen Möglichkeiten einen Hund zu haben, der nicht alleine bleiben kann und gleichzeitig einem Vollzeit-Job nachzugehen.
Es bedarf vieler Ausweichmöglichkeiten, wenn ein Sitter mal nicht kann oder krank wird.
Auch jedes kleinste Vorhaben muss bis ins Detail geplant werden. Ich muss darüber nachdenken, ob ich Nelly mitnehmen kann - und sie ist leider dazu auch noch kein Mitnehm-Hund -, wo sie alternativ hin könnte oder ich muss Termine und Vorhaben absagen.
Irgendwas spontan zu machen, bei dem Nelly nicht mit kann, ist fast unmöglich.

Bei jeder Unternehmung wäge ich auch ab, ob es mir das wert ist Nelly irgendwo hin abzuschieben. Oftmals heisst die Antwort "Nein", denn ich habe ja keinen Hund, um ihn andauernd herum zu reichen. Das bringt auch einen gewissen Grad an Isolation mit sich. Viele Menschen ohne Hund oder Kinder können oder wollen das nicht nachvollziehen. Es gibt Freunde von mir, die es nervt, dass wir uns immer nur beim jeweils anderen zuhause treffen, damit Nelly dabei sein kann. Ihr könnt euch vorstellen, dass die Treffen bedeutend weniger geworden sind unter diesen Umständen. Die beiden lieben Nelly auf der einen Seite und sie vergöttert beide. Aber auf der anderen Seite sind beide von meinem Hund genervt und Nelly gehört nunmal einfach zu mir. Alleine deshalb fällt die Frage nach "Schiebst du Nelly dafür ab?" mit einem klaren NEIN aus. Wer mich mit Hund nicht haben will, kriegt mich eben auch nicht ohne. ;)

Gestern aber z.B. war es gar nicht vermeidbar, Nelly zu meiner Freundin Jassi zu bringen.
Meine Mum und ich waren im 1 Stunde entfernten Kiel bei Ikea, um Möbel zu kaufen. Danach holten wir meinen Neffen bei meiner Schwester ab, also das Auto war randvoll. Mal davon abgesehen, dass sie im Auto auch die ganze Zeit geschrien hätte.

Wir fuhren um 15 Uhr etwa los und kamen um etwa 19.45 Uhr wieder in Flensburg an. Selbst wenn sie hätte alleine bleiben können... wir fuhren direkt nach der Arbeit und sie wäre von morgens um halb 6 bis abends um knapp 8 alleine gewesen. Das schafft ja auch kein Hund und sollte es auch nicht schaffen. ;)

Aber Nelly hatte viel Spaß und ich konnte sie abends auf dem Freilauf abholen und noch eine halbe Stunde mit Jassi quatschen. Nelly war genau so platt wie ich. Ein turbulenter Haushalt mit Beagle, zwei Kindern, einem Besucherkind und einem erwachsenen Besuch, die sie beide nicht kannte - das war ja auch aufregend.
Abends tobte sie dann mit Casper und einer anderen Hündin über den Freilauf und hatte somit allen Grund so richtig müde zu sein. :)

Alles Liebe
Nelly & Mona

1 Kommentar:

  1. hej!
    oh mein gott, du beschreibst dort auf das detail genau meine beagle dame! :/ sie ist jetzt 2. gab es bei euch eine besserung mit dem älter werden?? ich weiß, der beitrag ist schon alt, aber das hat mich jetzt total aus den socken gehauen!
    würde mich über eine antwort freuen!
    lg kietzematze
    email: shewantstobe@live.de

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