Samstag, 30. März 2013

Gedanken zum Tiersch(m)utz

Guten Morgen liebe Blog-Leser,

in diesem Beitrag geht es mal nicht direkt um Nelly, sondern um Tierschutz - oder TierschMutz.

Wer sich etwas mit dem Thema Tierschutz beschäftigt, wird schnell merken, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Daher auch der etwas provokante Titel, das ist genau so gewollt.

Seit Ende 2003/Anfang 2004 habe ich in unterschiedlichen Tierschutzvereinen mit gearbeitet.
Mit zwischenmenschlichem Bodensatz kann man je nach Härte ja noch umgehen. Ich könnte euch da Sachen erzählen, da würdet ihr mit den Ohren schlackern. Ich trenne aber rigoros das Menschliche davon was den Tieren gut tut oder schadet. Häufig schadet das Menschliche den Tieren direkt, aber das muss nicht immer so sein.

Ich arbeitete zu Beginn meiner "Tierschutz-Karriere" mit jemandem zusammen, mit dem ich mich gut verstand. Damals ging es um Mäuse und meinen ersten grossen Notfall koordinierte ich im Sommer 2004. Gut 400 Mäuse, die Hälfte mehr tot als lebendig, suchten Pflegestellen und Endstellen. Die zweite Person war vor Ort, ich regelte alles am Computer, beantwortete Mails und Anrufe, sorgte dafür, dass alle Nasen einen Platz bekamen. Und das war wirklich nicht leicht, denn bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich von Akazienratten, Fettschwanzrennmäusen und all solchem Getier noch nie etwas gehört. Zu prüfen, ob die Voraussetzungen stimmten, war unter diesen Umständen nicht wirklich leicht.

Einige Jahre später stellte sich heraus, dass die betreffende Person Nachwuchs aus Notfällen anderen Mäusen zum Frass vorwarf. Ich werde den Satz nicht vergessen "Wenn es zu viele werden, schmeiss ich die bei den Vielzitzen rein und die schreien dann FRÜHSTÜCK"

Dass mit diesem Satz und dem, was ich danach noch hörte, die Zusammenarbeit beendet war, könnt ihr euch sicherlich vorstellen.

Ich trat einem Verein für Kaninchen bei, der sich damals frisch gründete. Die ersten Jahre war soweit alles noch okay, dann kam eine Phase von jenem benannten zwischenmenschlichen Bodensatz und irgendwann trat ich aus, als mir die Nummer zu bunt wurde.
Bei diesem Verein schadete dies jedoch nicht wirklich den Tieren. Meines Wissens nach zumindest nicht und so kann man fast darüber hinweg sehen, was damals passiert ist. Aber auch nur fast, dies ist jedoch meine private Meinung, ich glaube die leisten für die Tiere nach wie vor gute Arbeit.

Ich tingelte durch kleienre Vereine, wir gründeten selbst einen Verein, doch es war nicht mehr das gleiche.
So bin ich seit etwa 2011 "vereinslos" und das passt so.

Im November 2008 erlebte ich aber etwas, das unvergleichlich ist und was ich in anderer Form gerne wieder tun würde.
Ich fuhr mit einer Freundin nach Budapest, Ungarn. Wir wollten dort bei einer privaten, kleinen Stiftung Sachspenden vorbei bringen, uns die Arbeit zeigen lassen, uns das recht bekannte Illatos ansehen und einen Hund mit nach Deutschland nehmen, der vermittelt war.

Das war eine hammerharte Tour mit einem voll beladenen Ford Transit Transporter über die tschechische Autobahn zu düsen. Alle 2 Meter kam eine "Fuge" und die merkte man irgendwann in allen Knochen.
Wir hatten 2 Tage in Budapest, aber diese zwei Tage haben mich so viel über den Auslandstierschutz gelehrt.

Viele Vereine erwecken den Eindruck, dass alle Spanier, Ungarn, Russen oder oder oder wahre Monster sind, die ihre Tiere mit Öl übergiesse und anzünden oder andere Gräueltaten an ihnen verrichten.
Diese schrecklichen Dinge passieren auch, das darf und muss man nicht unter den Tisch kehren. Aber es wird viel zu oft meiner Meinung nach der Eindruck erweckt, dass dieser Fall einer von tausenden ist. Vielmehr ist es aber zum Glück nicht so, dass es so häufig vorkommt wie suggeriert wird.

Stimmt, die Hunde in Ungarn leben nicht mit dem goldenen Löffel im A... und meinen deutschen Ansprüchen würde das keinesfalls genügen.
Sein wir aber mal ganz realistisch: Unsere Hunde haben es doch wirklich saugut und ein bisschen drüber.

Ein Hund in Ungarn wird nicht spazieren geführt. Wir hatten jeder einen Hund dabei und klar, die mussten spazieren gehen. Wir waren weit und breit die einzigen mit Hunden und wurden angeguckt, als seien wir Aliens.
Die Leute glotzten uns an, als hätten die das noch nie gesehen.

Warum aber ist das so?
In Ungarn und Ländern, in denen es den Menschen nicht so gut geht wie hier in Deutschland sind Hunde keine Familienmitglieder. Sie sind Beschützer von Hab und Gut. Sie haben einen Nutzen, der nicht Freude und Sozialkontakt bedeutet wie für uns, sie bewachen das Grundstück vor Eindringlingen.
Die Menschen ernähren die Hunde so gut sie können, was meist trockene Brötchen bedeutet. Einen Tierarzt haben die wenigsten Hunde je gesehen, das ist richtig.

Ich will mit dem letzten Absatz nicht sagen, dass es okay ist wie die Hunde dort leben, aber ich möchte damit aufzeigen, dass sie einen Zweck erfüllen und nicht pauschal gequält und qualvoll getötet werden.

Ich möchte ein Beispiel nennen, in dem keiner anders handeln würde, wäre er in dieser Situation:
Die Pflegestelle, die wir besuchten, hatte seine Anlage in einer Gartenkolonie. Dort stand auch ein Garten mit einer Laube aus Schrott und Müll, am (sehr wackeligen, angsteinflössenden) Zaun lief ein Kuvazs auf und ab, er patroillierte. Auf der Rasenfläche spielten zwei Kinder, aus der Laube kam eine Frau und rief etwas. Ich fragte unsere ungarische Kontaktperson was da los sei, es kam mir alles etwas eigenartig vor.
Die Frau verlore vor ein paar Jahren ihren Mann und damit ihr Haus und zog mit den beiden Kindern in diese Laube.
Um sich und ihre Kinder vor Kriminellen zu schützen, gab es den Hund.

Jetzt möge jeder Leser in sich gehen und sich diese Frage stellen:
Würde ich anders handeln und mir keinen Hund holen?

Ich konnte diese Frage glasklar für mich mit einem NEIN beantworten.

Wir besuchten am zweiten Tag das Illatos, das allgemein bekannt ist als Illatos út. Dies jedoch ist einfach nur der Strassenname und nicht der Name der Einrichtung. ;) Die hat keinen Namen, es ist die städtische Tötungsstation.

Geht man da durch die Gänge, an allen Zwingern vorbei, vergisst man eigentlich ganz schnell, dass man in einer Tötungsstation ist. Es wirkt wie ein etwas trostloses Tierheim, aber alle Hunde hatten Wasser, Futter und alle Zwinger waren sauber. Man musste sich immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass die Hunde hier getötet werden, wenn sie niemand abholt.
Unsere ungarische Kontaktperson erklärte uns, dass die, an deren Zwinger Namen standen von ihren Haltern dort abgegeben wurden. Ich sah eine Bobtail-Hündin namens Anna, ich sah einen Golden Retriever mit rostiger Kette um den Hals namens Lukas und so weiter.
Diese Hunde würden als erstes sterben, wenn die Zwinger voll sind. Wir schluckten schwer.

Als nächstes kämen die verwilderten Hunde, die die sich nicht mehr mit dem Menschen arrangieren können. Sie zeigte uns 5 Zwinger mit je 1-2 Schäferhunden bzw. Mischlingen, die in einem Waldstück als wildes Rudel eingefangen wurden. Die Hunde pressten sich an die Rückwand des Zwingers, knurrten bedrohlich, aber auch ängstlich.
Sie würden als nächstes sterben.

Als letztes würden dann alle anderen sterben müssen, wenn die Zwinger voll sind. Wir sahen einen verdreckten Puli, einen Haufen Mischlinge, Schäferhunde - es waren einfach alle Hunde dabei, die man sich nur vorstellen konnte.

An diesem Tag sollte Hami das Illatos verlassen. Hami war ein kleiner Welpe, vielleicht hat ein Hovawart da mitgespielt. Er sah aus wie ein kleiner braunschwarzer Teddybär und wir übernahmen die Patenschaft für Hami.
2 Wochen lebte Hami in seiner Pflegestelle, er hatte so schlimme Würmer, dass der Tierarztnichts mehr für ihn tun konnte. Er starb im Alter von vielleicht 3 Monaten, wir waren sehr traurig.

Wir besuchten auch die Zwingeranlage der Pflegestelle, halfen beim Füttern. Uns wurde Negra gezeigt, die Hündin, die wir mit nach Deutschland nehmen wollten, um sie einer damaligen Freundin zu vermitteln.
Ich hatte mich auf dem Foto in Negra verliebt und diese Freundin suchte grade einen Zweithund. Die kleine war extrem wild und ich dachte mir noch, ob sie wohl zu dem Rüden passen würde?
Sie lernte Nelly und Hazel kennen, denn eine Nacht im Hotel mussten die drei sich mindestens verstehen, alles ging soweit gut, die Mädels liessen sich in Ruhe.

Die Pflegestelle war recht gepflegt, die Hunde hatten einigermassen Platz in ihren Zwingern und konnten so ihre quarantänezeit absitzen.

Im Laufe der Zeit ging aber leider auch diese Pflegestelle den Weg, den viele Tierschutzvereine nehmen: Direkt-Importe aus Tötungsstationen.
Nicht nur am kleinen Hami kann man sehen, dass das nicht der Weg sein kann und darf.

Nun kommen wir also zur "dunklen Seite" des Tierschutzes.
Massentransporte unter schlimmsten Bedingungen werden immer wieder auf Autobahnen gestoppt. Immer wieder sterben Tiere auf dem Weg in ihr neues Leben - wie grotesk!

Immer wieder hört man davon, dass Parvovirose oder Staupe eingeschleppt wurden, meistens leider wirklich von Hunden aus dem Ausland.
Papiere stimmen nicht, sind gefälscht, der Hund nicht ordentlich gechippt, die Impfungen nicht ausreichend, die Hunde totkrank oder völlig traumatisiert. All sowas hört man häufig.

Nicht zuletzt gibt es auch einfach das Risiko, dass was nicht klappt, wenn der Hund in der neuen Familie ist. Mit dem vorhandenen Hund oder den Kindern oder oder oder.

Menschen, die sich einen Hund aussuchen, der noch im Ausland ist, "bestellt" diesen wie aus dem Katalog und weiss nicht was er dann wirklich bekommt. Der Hund kann sich in einer fremden Umgebung ganz anders benehmen. Wenn er direkt aus der Tötung kommt, ist meistens gar nichts über seinen Charakter bekannt. Alles das ist ein echtes Risiko für Hund und Menschen. Oft geht es gut, aber viel zu oft auch nicht, was dann gerne auf die Adoptanten geschoben wird.
Aber sein wir mal ehrlich: Einen Hund als lieb und nett beschrieben zu bekommen, aber dann einen hochgradig ängstlichen Hund zu erhalten, der sofort schwer zubeisst, wenn ihm etwas nicht in den Kram passt - sowas kann passieren. Sowas ist passiert und zwar jemandem, den ich kenne.

Mir selbst ist es zwei Mal passiert, dass ich einen Hund adoptieren wollte und wir einfach nicht zusammen passten, als wir uns sahen. Die dreibeinige Hündin, die ich ursprünglich adoptieren wollte, wollte von mir nichts wissen, kein Futter nehmen, nicht gestreichelt werden. Das ist doch der schlechteste Start aller Zeiten, weshalb ich mich auch gegen sie entschied.
Meine Freundin Ulrike bekam vor ein paar Jahren einen Rüden in Pflege, in den ich mich von den Fotos Hals über Kopf verliebte. Ich sprach mit ihr durch, dass sie mich davon abhalten solle, nicht unvernünftig zu werden und ihn nicht nehmen sollte, wenn es nicht passt. Wir legten vorher genau die Kriterien zurecht, die unbedingt stimmen mussten, von denen ich nicht abweichen sollte.
Und dann war er da, der Jamal. Ich sah ihn und es war nichts zwischen uns, aber auch rein gar nichts. Nelly hasste ihn auf Anhieb, verkloppte ihn immer wieder. Auch das passte mal so gar nicht zusammen.

Dann gibt es noch die knallharten TierschMutz-Geschichten.
Vor ein paar Jahren gab es eine Hündin, der alle 4 Beine abgehackt wurden, sie wurde nach Deutschland geholt und fungierte als lebender Spendentopf. Dieser Hund kann ja gar keine Lebensqualität haben, ich habe auch Videos gesehen, in denen man ihr ansah, dass sie überhaupt keinen Spass hatte an ihrem Dasein.
Ich bin weiss Gott nicht der Typ, der vorschnell "einschläfern" schreit, aber diese Hündin tat mir wahnsinnig leid und man hätte sie erlösen sollen von ihrem schweren Schicksal.

Ein weiterer Dorn im Auge ist mir das Importieren von Hunden, die dann in uneren Tierheimen sitzen.
Ich bin fest der Meinung, dass die Tierheime nur für Tiere sein sollten, die schon hier sind und nicht extra dafür her gekarrt werden.
Letztes Jahr musste ein Hund beinahe sterben, weil die Tierheime alle mit Auslandshunden vollgestopft waren. Das ist keine Vermutung, sondern Tatsache. Von einem Tierheim bekam ich persönlich die Aussage "Nein, den können wir jetzt nicht aufnehmen, wir kriegen die Tage 10 Spanier rein".

Das kann es nicht sein...
Zum Glück gab es für diesen Hund dank guter Beziehungen noch eine Chance in einem Tierheim.

Dann gibt es haufenweise Vereine, die nur rüber schaffen und sonst nicht viel tun, die kaum Pflegestellen haben und wenn ein Hund dann zurück kommen soll, das Geschrei dann gross ist. Oder die Adoptanten werden mit dieser Situation dann völlig alleine gelassen.

Ich möchte aber nicht den Eindruck erwecken, dass nur im Auslandstierschutz Dinge schief laufen.
Grosse Notfälle, in denen es um viele potentiell schwangere Kaninchen geht, die das Abtreibungsmittel für Hunde gespritzt bekommen, damit es nicht noch mehr werden ist eines von einigen Beispielen.

Oder völlig überlaufene Pflegestellen, bei denen alles mehr an Animal Hoarding grenzt, als an Tierschutz.

Leider habe ich in den letzten Jahren aber gesehen, dass doch deutlich mehr Mist im Auslandstierschutz läuft.

Versteht mich nicht falsch, ich finde Auslandstierschutz eine wirklich gute Sache. Denn bei all dem Mist bleibt: Tierschutz kann keine Grenzen kennen, weil Tiere keine Grenzen kennen.
Völlig gesunde Tiere, die in Tötungsstationen auf ihr letztes Stündlein schlagen, kranke Hunde, die vor sich hin siechen oder Hunde, die fast verhungern - all das sind für mich Gründe den Auslandstierschutz nach Kräften zu unterstützen.

ABER: Mit Köpfchen, dem Herz am rechten Fleck, der Einhaltung aller Vorschriften und der Verantwortung den Hunden und Adoptanten gegenüber.
Ich erwarte die Förderung der ausländischen Vereine in Bauvorhaben, Ernährung, Tierarztkosten, Kastrationsprogrammen oder ähnliches.

Es gibt lediglich zwei Faktoren, bei denen man von hier aus leider nicht helfen kann:
Aufklärung für die Bevölkerung und vor allem die Situation der Menschen im jeweiligen Land zu verändern.
Ich bin nach der Ungarn-Fahrt der Überzeugung, dass solange es den Menschen dort nicht gut geht, es den Tieren dort auch nicht gut gehen kann.

Ein grosses Ziel, will man dies ändern. Und so bleibt Auslandstierschutz ein stetiges Brände-Löschen. Aber das wie gesagt bitte mit Köpfchen und realistischen Vorstellungen.

Das Gleiche gilt für den inländischen Tierschutz. Wenn man potentiell schwangere Tiere aus einem Notfall übernimmt, muss man mit dem leben, was man bekommt.

Ich könnte euch noch reihenweise Einzelfälle beschreiben und das werde ich vielleicht auch irgendwann einmal tun. Für´s erste schliesse ich das Thema und bin gespannt auf eure Meinungen.

Das Thema Tierschutz ist ein sehr emotionales Thema, aber auch kritische Worte müssen gesprochen werden.

Und ich komme zurück auf meinen Eingangssatz: Es ist nicht alles Gold, nur weil es glänzt...

Schaut euch die Vereine genau an, beschäftigt euch mit deren Tätigkeitsfeld und wenn alles passt, dann ist es super und der Verein unbedingt nach Kräften unterstützenswert.

Alles Liebe
Mona

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